Können Sie sich auch noch an die pinkfarbene Zeitschrift am Kiosk erinnern? Fundgrube hiess sie. Nein? Dann sind Sie nach 1990 auf die Welt gekommen. Die Fundgrube war damals das, was heute das Ricardo oder Ebay ist, einfach in Papierform. Die Kategorien „Gratis“ und „Autos“ blätterte ich immer zuerst durch. Mein Gott war das eine Sache, wenn ich die Zeitschrift am frühen Morgen am Kiosk ergatterte und die Besitzer interessanter Objekte sofort anrief. Wie es so ist im Leben, manchmal hatte ich Glück und manchmal Pech. Heute sitze ich vor dem Computer und gebe die entsprechenden Suchbegriffe im Ricardo und Co. ein. Bei weitem nicht mehr dasselbe Feeling wie damals, aber man muss mit der Zeit gehen. Jedoch auch auf Internetplattformen kann man mal Glück haben. So stiess ich an einem Sonntag im ?? 20?? mehr zufällig als gewollt auf den 1965 Plymouth Satellite. Als ich die Beschreibung las und das einzige, nicht besonders gute Foto sah, rief ich den Besitzer sofort an. Der Sohn nahm den Anruf entgegen und er habe den Plymouth auch eingestellt. Sein Vater habe zu wenig Erfahrung in Sachen Computer, doch dieser sei der rechtmässige Besitzer des Autos. Er gab mir die Telefonnummer seines Vaters und wenige Augenblicke später bekam ich vom Plymouth Besitzer viele interessante Informationen zum Fahrzeug. Diese klangen so gut, dass ich den Mann beauftragte, seinem Sohn mitzuteilen, dass er das Inserat umgehend löschen möge, der Wagen sei so gut wie gekauft. Als erstes rief ich meinem guten Freund Phippu an, der für solche Spontaneinsätze immer zu haben ist. Auf der nächsten Bank behändigte ich eine grosszügige Anzahlung und keine zwei Stunden später befanden wir uns in der Nähe von Rapperswil bei Zürich. Der Wagen stand nicht so gut da wie er von seinem Besitzer beschrieben wurde, er stand noch besser da! Natürlich musste ich wieder die vollständige Geschichte um das Fahrzeug wissen und wie erwartet, war es ein Familienauto. Die Tante des Besitzers habe den Plymouth neu gekauft. Nach ihrem Ableben habe der Mopar lange Zeit stillgestanden. Die Familie habe sich dann entschieden, den Plymouth zu restaurieren, was mit einer Neumalerei getan war. Der Wagen hatte weder Rost noch andere Blessuren und das Interieur erstrahlt noch heute quasi in neuem Glanz. Der wackere 273cui Motor ist nicht gerade der Leistungskracher, dafür aber ein gutmütiger Langstreckenläufer. Die Zusatzlampen vorne, sowie der nach vorne versetzte Rückspiegel sind typische Überbleibsel, schweizerischer Ausrüstungsvorschriften der Sechzigerjahre (siehe dazu Artikel Chrysler Montage Schinznach). Der Wagen als Ganzes betrachtet, ist es ein grossartiger Zeitzeuge. Wenn ich mit ihm unterwegs bin, fühle ich mich wie in der Zeit zurückversetzt.
„Ein Mann am Steuer eines Wagens ist ein Pfau, der sein Rad in der Hand hält“
Anna Magnani