Angefangen hatte alles mit diesem Inserat auf Tutti. Sofort ist mir dieser braune Trans Am in die Augen gestochen. Genau diesen Trans Am habe ich als 1 : 8 Modell in meiner Sammlung stehen und es ist einmal mehr die Farbe die mich in ihren Bann zog. Dieses Braun finde ich schlicht genial. Ein Freund von mir nennt sie zwar abschätzig: «Schiissgagubrun», aber das lässt mich kalt. Diese Herbsttöne haben mir an Oldtimern schon immer gefallen und das wird sich nie ändern. Eine typische Farbe der End-Siebziger Jahre und sie passt auch grossartig zu einem sportlichen Trans Am. Viele würden dieses Braun eher an einem viertürigen Catalina oder Safari Station Wagen vermuten, aber nein, tatsächlich wurden auch Firebird Trans Am's oder Formula's in diesem «Chesterfield-brown» lackiert.
Und da ich schon vier Firebirds besitze, drei davon in der Trans Am Ausführung, aber keinen Braunen, missbrauchte ich die Farbe als Grund, mit dem Besitzer in Kontakt zu treten. Als ich im Inserat noch las, dass der Trans Am aus erster Hand sein soll und der Wagen knapp 20000 km auf dem Tacho haben soll, wurde der Griff zum Telefon beinahe automatisch vollzogen.
Ich erinnere mich noch gut, als ich vor zwei Jahren den roten 79er Trans Am im Netz sah. Damals glaubte ich, so was wirst du nie wieder finden! Im selben Jahr kaufte ich den schwarzen 78er Trans Am mit 20000 km. Für mich stand zu diesem Zeitpunkt fest, nun wird es wohl keinen weiteren Trans Am in der Schweiz mehr geben, mit so wenig Kilometern auf dem Buckel. Und siehe da, dieser braune Trans Am soll ebenfalls so wenig Meter auf dem Tacho haben. Als ich den Besitzer erreichte, war dieser kurz angebunden, denn er war auf dem Weg an einen Geburtstag. Aber ja, die 20000 Kilometer bestätigte er ebenso wie dass er der Erstbesitzer von dem Wagen sei. Nun gut. Ich legte Herrn Züst meine Beweggründe vor, weshalb der im Inserat angegebene Preis von Fr. 24'500.- meiner Ansicht nach etwas hoch gegriffen sei. Er nahm meinen ersten Angriff nicht erbost auf und meinte schliesslich, ich könne ihm ein faires Angebot machen. Dies machte ich und deponierte gleichzeitig meine Telefonnummer. Vorerst musste ich mich mit dieser Situation zufrieden geben. Tatsächlich konnte ich mir nicht vorstellen, dass Herrn Züst unzählige Telefonanrufe von Interessenten erreichen würden, welche den Pontiac wollten. Immerhin hatte er lediglich den 5l Motor drin und Braun ist nun mal auch nicht jedermanns Sache. Es vergingen rund zwei Wochen, erreichte mich eine freundliche email. Meine Telefonnummer konnte nicht mehr gefunden werden, aber via meiner Homepage (ich weiss nicht wie sie auf diese gekommen waren), hätten sie meine email Adresse ausfindig machen können.
Herr Züst, der Besitzer, sah ein, dass er für den 5l Trans Am womöglich nicht seinen Wunschpreis bekommen würde und er kam mir per email auf ca. 17000.- entgegen. Nun kam er wieder hoch. Der bekannte Adrenalinschub. Wechsel auf Google und Youtube, suchend nach braunen 1979er Trans Am's. Ein paar Suchtminuten später und definitiv angetan vom braunen Trans Am, antwortete ich Herrn Züst, dass ich den Trans Am gerne besichtigen kommen würde. Wir einigten uns auf den 15. April 2023. Hinwil ist nicht grad um die Ecke, aber ich schrieb Herrn Züst, dass ich um 09:00 Uhr vor Ort sein werde.
An diesem 15. April goss es am frühen Morgen wie aus Eimern. Na toll dachte ich für mich, so richtiges Pontiac Wetter… Ich hielt mich an die Empfehlung des Navis, welches mich via Sursee, Hirzel, Pfäffikon nach Hinwil ins Zürcher Oberland führte. In einem nahegelegenen Volg kaufte ich ein paar Gipfeli ein und kurz nach 09:00 Uhr, traf ich bei den Züsts ein. Ein Tor einer Doppelgarage stand offen und in diesem sah ich bereits das zierliche Heck eines braunen Trans Ams. Ein älterer Mann der sich mit der Umgebungspflege beschäftigte, empfing mich freundlich und schon stand ich in der Doppelgarage und inspizierte den Trans Am. Er war schön. In der ersten Sekunde wusste ich, der Wagen würde zu mir kommen. Es war nicht der Zustand der von Anfang an überzeugte, denn dieser war nicht etwa makellos, es war seine ehrliche Haut. Diese Patina die man künstlich nicht nachahmen kann, diese Geschichte, die der Trans Am erzählte, auch wenn er in Wirklichkeit stumm auf seinen vier Rädern stand. Man muss schon einen Sprung in der Schüssel haben, dass man glaubt, der Wagen erzähle einem seine Geschichte. Bestimmt gibt es Oldtimersammler, welche nun diese Worte mit einem Schmunzeln lesen und meine Worte nachvollziehen können.
Das Objekt ist das Eine, der Besitzer, die Geschichte dahinter, dass Andere. Und diese – nun wirkliche Geschichte – konnte mir Herr Züst erzählen, welcher den Pontiac damals in Kanada neu gekauft hatte. Er erinnert sich noch gut, die 77er und 78er Modelle wären damals spottbillig angeboten worden im Vergleich zu den neuen 79er Modellen. Da aber solche Amerikanerwagen im Allgemeinen in Kanada viel günstiger angeboten wurden als bei uns in der Schweiz, habe er sich gleich einen neuen bestellt. Die Optionenliste sei ellenlang gewesen und er habe sich beinahe nicht entscheiden können, was er da alles ankreuzen solle. Anfangs der Achtzigerjahre sei der Trans Am dann in die Schweiz gekommen. Per Schiff, in einem Container, nach Amsterdam. Dort habe er den Trans Am mit einem Freund zusammen selber abgeholt. Es sei sein Beruf als Geschäftsführer einer Landschaftsgärtnerei gewesen, welcher es ihm nicht erlaubt hätte, den Trans Am regelmässig zu fahren. Daher die wenigen Kilometer. Die Arbeit sei immer vorrangig gewesen und an dieser habe es nie gemangelt. Aus diesem Grund sei der Trans Am mehr gestanden als bewegt worden. Eigentlich schade, resümiert Herr Züst und streichelt liebevoll über den Kotflügel. «Die Batterie ist fast leer, vielleicht müssen wir ihn überbrücken» meinte Herr Züst besorgt. «Ich habe ihn vor wenigen Stunden noch am Ladegerät angehängt, vielleicht reicht das». Ich fragte, ob ich versuchen dürfe, den Firebird zu starten. Als ich das Ok erhielt, schwang ich mich auf den Fahrersitz und sofort fühlte ich mich daheim. Die Firebirds, meine Autos. Und es roch herrlich in dem Wagen. Wie ehrlich gealterte Amis halt so riechen. Ich griff nach dem Zündschlüssel, trat das Gaspedal ein paar Mal durch und pumpte so Benzin in den Vergaser. Dann drehte ich den Schlüssel und nach ein paar Anlasserumdrehungen startete der 5l Motor anstandslos. Nein, es erklang nicht das Gebrüll wie der eines aufdringlichen Muscle Cars aus den Sechzigern, anfangs Siebzigern, nein, der V8 surrte gleichmässig dezent, es hätte ebenso gut der Motor eines Kombis oder einer viertürigen Limousine sein können. Mittlerweile war auch Herr Züst Junior, Patrick aufgetaucht. Da ich nicht einen riesigen Altersunterschied zwischen uns beiden vermutete, bot ich ihm von Anfang an das «Du-zis» an. Der sympathische, junge Geschäftsführer der Firma Züst Gartenbau holte die Kontrollschilder und einer Probefahrt stand nichts im Weg. Ich verlangte das jemand mitkommen solle, alleine mache ich prinzipiell keine Probefahrten. So schwang sich Herr Züst Senior auf den Beifahrersitz und übers Land machten wir eine ausgiebige Probefahrt. Da die Nadel der Tankanzeige auf «Leer» stand und mir dieser Anblick bei V8 Motoren grundsätzlich nicht gefällt, fragte ich nach einer nahegelegenen Tankstelle. An einer Shell Tanke spendierte ich dem Trans Am eine halbe Tankfüllung Bleifreibenzin. Bald einmal bogen wir wieder in die Strasse ein wo die Züsts daheim sind und ich parkte den Trans Am in der Doppelgarage. Die Fahrt selber verlief beinahe langweilig. Ein schöner und originaler Trans Am der End-Siebziger fährt sich wie ein zehnjähriger Occasion der deutschen Oberklasse. Nein, dies soll keinesfalls abschätzig klingen, es ist viel mehr eine Hommage an Pontiac, welche seit eh und je durch Qualitätsarbeit überzeugt und diese findet man auch noch 44 Jahre später in den Autos.
Nun besitze ich drei Trans Am aus den Siebzigerjahren die zusammen keine 65000 km auf die Räder bringen. So viel, wie ein engagierter Vertreter mit seinem Auto in einem Jahr macht. Wahnsinn. 133 Jahre Auto und etwas mehr als 60000 km. Die Amerikaner würden sich die Finger lecken, fänden sie solche Trans Am's. Die Amis hätten bei jedem der drei Pontiacs eine riesige Story daraus gemacht, so wie es die Amis halt gut können und gerne machen. Ich muss keine Story daraus machen. Eine ehrliche und kurze Geschichte in Carguestbook reicht. Ich bin auch eher der stille Geniesser, der spärlich mit seinen Oldtimern an Treffen zu finden ist. Wenn, dann sind es die kleinen, überschaubaren, in heimeliger Ambiente. Bleienbach ist mein persönlicher Favorit!
Sehr schöne Geschichte! Das ist wirklich eine seltene Farbwahl!