Die Kenner dieser Fahrzeuge werden sich nun gleich sagen, das ist doch kein Escort RS 2000, dem fehlt die angeschrägte Plasiknase aus Polyurethanschaum mit dem Doppelscheinwerfergrill! Ist das wohl einfach ein Sport oder ein Mexico? Warum dem nicht so ist, erfahren sie in dieser Geschichte. Wenn ein Autoliebhaber sein Gerät in einem Totalschaden verliert, ist das jammerschade. Wie dieser Wagen beim gleichen Besitzer gleich zwei mal zu Tode kam, erfahren sie ebenfalls in dieser unglaublichen Geschichte.
Der erste Tod mit Funkenregen
Eine kleine Unachtsamkeit im Grenzbereich und mein Escort verlor die Strasse. Nach kurzen unschönen Geräuschen flogen links neben meinem Kopf die Funken, als wäre jemand mit der Trennscheibe am abschleifen der A-Säule. In den 4-Punkt Gurten hängend stellte ich fest, dass ich mit dem Wagen auf der Fahrerseite liegend etliche Dutzend Meter rückwärts zur Fahrtrichtung auf dem Strassenbelag rutschte. Als der Wagen still stand und ich aus der Frontscheibenöffnung geklettert war, versuchte ich den Escort wieder auf die Räder zu wippen. Woher ich diese Kraft aufbrachte, weiss ich noch heute nicht. Den Motor konnte ich erstaunlicherweise wieder starten und nur dank der Differenzialsperre das Auto nur rückwärts von der Strasse weg bewegen.
Unschöne blaue Verfärbungen vom Funkenregen an den linken Kotflügeln, A-Säule, sowie abgeschliffene Türgriffe usw waren eindrückliche Kampfspuren. Der Überrollkäfig hat grobe Deformationen am Häuschen verhindert.
Nachdem ich mich nach ein paar Tagen vom Schrecken erholt hatte galt es zu überlegen, was nun kommen sollte. Nur: Wie war es zu diesem Auto gekommen?
Die Vorgeschichte
Da ich mich bereits als Schuljunge für Autorennen interessierte, war es eine tolle Gelegenheit, bereits in meiner Lehrzeit bei einem Gentleman-Driver anfangs 1970 in der Werkstatt und auf der Rennstrecke mithelfen zu dürfen. Er bewegte erfolgreich einen Gruppe 2 Tourenwagen auf Rundkursen und am Berg. 1977 bis 1981 half ich einem anderen Team, einen Gruppe 1 Escort an Tourenwagen Rennen auf Kurs und Berg zu begleiten. Dabei wurde im Winter 78 vom Mk1 auf den Mk2 gewechselt und dazu ein neues Auto auf einer Rohkarosserie aufgebaut.
Fünf Jahre später wollte ich mir für meinen privaten Gebrauch ein solches Fahrzeug zulegen. Mich faszinierte das Zusammenspiel zwischen der einfachen Technik und dem geringen Wagengewicht sowie die vielen daraus resultierenden weltweiten Erfolge dieses Typs am Berg, auf der Rundstrecke und bei Rallyes. Im August 1984 fand ich dieses Fahrzeug über ein Inserat in der Automobil Revue. Der Wagen war im Jahr zuvor neu aufgebaut worden und in einem tollen Zustand. Der Verkäufer wollte jedoch keine Wettbewerbe mehr fahren und das Auto stand äusserst gut dokumentiert zum Verkauf. Es passte gut in meinen Wagenpark. Ich schlug zu.
Mit den Michelin TB-Rennreifen mit Strassenzulassung lag der Wagen toll auf der Strasse.
Der leicht getunte Motor (nach Reglement) drehte toll hoch, bellte regelrecht. Mit der ausgeräumten Sitzbank hinten und der Aluplatte zwischen Fahrgastraum und Kofferraum war eine Komfortbenbusse hinzunehmen. Der solcher Escort mit Strassenzulassung machte richtig Freude.
Der Wiederaufbau
Eigentlich musste ich nach dem Crash im März 1985 nicht lange überlegen, ich wollte wieder einen solchen kleinen Renner.
Da die Carosserie an zu vielen Stellen zu stark deformiert war, entschloss ich mich zu einem neuen Aufbau mit einer neuen Carrosserie, wie 7 Jahre zuvor beim Renn-Escort.
Allerdings schwebte mir nun der Escort RS 1800 als Muster vor. Der Rallye Seriensieger mit dem Doppelnockenwellenmotor und dem Standard Kühlergrill. Im Gegensatz zum RS 2000 wurde dieser nur in England gebaut und das Werk selbst stellte nur rund 100 Komplett-Autos her. Eine Schweizer Strassenzulssung erhielt der Wagen meines Wissens nicht. Also ein recht seltenes Tier.
Aus Kostengründen entschied ich mich für einen gebrauchten, einfachen 1300er. Er wurde komplett zerlegt, der Federbeinholm mit der Fahrgestellnummer umgescheweisst und alle punktgeschweissten Stellen gemäss der Vorgabe auf dem Homologationsblatt der Rallye Autos zur Verstärkung nachgeschweisst. Danach führ ich das Häuschen auf einem Anhänger zum Sanstrahlen der gesamten Unterseite in die Carrosserie Hess nach Bellach. Nach dem Verkitten aller Blechübergänge und dem Grundieren bekamen der Unterboden und die Carrosserie eine neue Lackierung in einem intensiven Porsche Rot.
Der Unterboden blieb glatt, ohne Dämm-Material oder Bitumen-Korrosionsschutz, der Optik und auch des Gewichtes wegen. Alle Fahrwerkteile wurden gereinigt und neu lackiert. Auch der Überrollkäfig wurde wieder montiert. Also nicht nur ein Überrollbügel hinter dem Fahrer, sondern nach vorne ergänzt mit Rohren um die Türöffnung bis in den Fussraum und Verstrebungen auf Hüfthöhe des Fahrers. Dazu wieder die 4-Punkt Hosenträgersicherheitsgurte. Ich hatte mir verschiedene Optionen an der Front vorbereitet, mit oder ohne Stosstange, oder nur die kleinen Stossstangen Ecken. Ebenso auch mit oder ohne die grossen Cibie Oscar Zusatzscheinwerfer.
Neben der speziellen Gruppe1 Alufelgen mit vertieftem Stern und ET5 (gegenüber der Serie 6x13
mit nach aussen gewölbtem Stern) kamen nun auch 3-Teilige Gotti Felgen 7x13 und 7,5x13 zum Einsatz. Dazu passend Dunlop 210/530-13 Sportreifen für Rallye Einsätze. Der Motorträger wurde durch eine Verstärkte Ausführugn ersetzt. Motorenseitig wurde ebenfalls aufgerüstet, bis ein alltagstauglicher 170 PS Motor da stand. Dies entspricht einer Leistungasteigerung von über 50%! Die Details sind auf einem separeatem Blatt aufgeführt. Für die bevorstehende MFK Prüfung wählte ich den Zylinderkopf mit der kompletten Original Vergaseranlage, womit ich im Nachhinein erst recht günstiger fuhr.
So hatte ich mir einen kleinen Renner aufgebaut, der über die verschiedensten Optionen verfügte, die alle in meiner Werkstatt zum Einbau oder Austausch bereit lagen. Es sollte nicht mehr so weit kommen..
Der zweite Tod im Flammenmeer
Nun war der Wagen im Juni 1986 beinahe fertig gestellt. Soweit bereit für die ersten Fotos am Samstag, eine abschliessende Probefahrt am Sonntag vor dem Prüftermin auf dem Strassenverkehrsamt am Donnerstag.
Auf der Fahrt von Schmidigen hinunter nach Wynigen stellte ich im Kappeler Schtutz erst einen kurzen Motoraussetzter fest, im Starken Gefälle stellte dann der Motor unvermittelt ab. Ich liess den Wagen in einer starken Linkskurve in einen Feldweg ausrollen. Der Motor liess sich jedoch nicht mehr starten. Nach dem Öffnen der Fahrertüre zog ich noch die Motorhauben Entriegelung, wobei ich gleichzeitig ein starkes Knistern vernahm. Ich hatte die Motorhaube noch nicht einmal ganz angehoben, da schlugen mir heftige Flammen entgegen! Erschrocken und ungläubig liess ich die Haube erst einmal wieder hinunter. Unfassbar! Und kein Auto, kein Mensch weit und breit. Alle wohl zu Hause beim Sonntagsbraten! Das einzige, womit ich versuchen konnte, das Feuer einzudämmen, war meine Motorsport Jacke. Ich hob die Haube an, um das Feuer zu ersticken, musste aber bald feststellen, dass der Treibstoff aus der verbrannten Benzinleitung immer nach floss. Als nach Minuten endlich ein Auto vorbei kam, rief ich dem Fahrer zu, doch beim Restaurant auf der Passhöhe die Feuerwehr anzurufen. Der ganze Motorraum hatte nun Feuer gefangen, vor allem die Kabel, das Plastik-Luftfiltergehäuse und vieles mehr war nun in Brand geraten. Es war zum Verzweifeln, mein schöner, in einem ganzen Jahr neu aufgebauter RS 2000 wurde immer mehr ein Raub der Flammen. Kein Feuerlöscher weit und breit! Es war zum heulen.
Die Windschutzscheibe zerbarst mit einem lauten Knall, das Feuer griff sofort auf das Armaturenbrett und den Dachhimmel über. Da kam die Feuerwehr. Also es kam ein Landrover mit einem Garagisten mit einem 5 Kilo Feuerlöscher. Die Sitze und die Türverkleidungen hatten nun auch schon Feuer gefangen. Nach wenigen Schüben Löschmittel war der Löscher leer. Der Garagist meinte, er gehe in das Restaurant einen zweiten Löscher holen, dieser da sei nicht voll gewesen! Ich war dem Ende nahe. Die Grossen Flammen gingen jetzt auch zurück, weil ja die hintere Sitzbank fehlte, liess das Feuer nach, die Feuerschutzwand zum Kofferraum tat ihren Dienst. Als der Garagist wieder eintraf, konnte nur noch die Glut gelöscht werden.
Während er runter ins Dorf fuhr, um den Lastwagen für den Abtransport zu holen, durfte ich mir die Bescherung Stück für Stück einprägen. Es blieb gar nicht mehr viel übrig. Der Heckspoiler, die Schlussleuchten und die hintern, dreiteiligen Felgen, der Endschalldämpfer.
Für die nächsten drei Wochen war mit mir nicht viel anzufangen. Für die Versicherung stellte ich ein Dossier über die Teile, Fremdarbeiten und Eigenleistungen zusammen. Glücklicherweise hatte ich Fotos angefertigt.
Ein dritter Aufbau stand für mich danach nicht mehr zur Diskusion. In der Garage hattte ich ja noch etliche Ersatzteile. Vor allem die Zylinderköpfe und Vergaserbatterien. Ich interessierte mich bereits für die Lotus Super Seven, Caterham und vor allem den Donkervoort S8. Der Donky hatte nähmlich den gleiche Ford OHC 2.0 Liter Motor verbaut, zu dem ich ja noch einen 170 PS Motor hatte. Schon bald fand ich einen solchen flotten Zweisitzer. Aber das ist dann eine neue Geschichte.